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Die Theorie beschreibt grob folgendes Szenario.
Lass irgendwo ein Auto mit eingeschlagener Fensterscheibe stehen und je nach Wohnumfeld ist das Auto früher oder später noch stärker beschädigt. Die Begründung ist eine ziemlich einfache: Die Hemmungen der Menschen etwas zu beschädigen, was eh schon beschädigt ist, sind geringer, als wenn es noch unbeschädigt ist.

Das Gleiche trifft leider auch auf die Natur zu. Manchmal erfolgt die Verschmutzung unfreiwillig, manchmal aber auch aus Respektlosigkeit heraus. Viele Touristenattraktionen sind den Massenansturm einfach nicht gewachsen. Dazu zählen z. B. Jotunheimen, Geirangerfjord oder Trollstigen. Zu viele Menschen, Kreuzfahrtschiffe oder Busladungen. Die Infrastruktur ist nicht daraus ausgelegt.

Den Müll oder das Toilettenpapier vom Vorgänger einzusammeln macht nicht immer Spaß, ist aber hilfreich um weitere "No Camping" Schilder zu vermeiden. Das Jedermannsrecht ist in Europa ziemlich einzigartig. Wenn man den Umgang mit diesen Regeln nicht respektiert, die Natur nicht respektiert, dann wird diese einmalige Freiheit an den schönsten Orten in der Natur übernachten zu dürfen, immer weiter eingeschränkt.

Eine gute Zusammenfassung über das Jedermannsrecht haben wir in Schweden per Schaubild bekommen und ist als Bild im Anhang

Genauso wie beim Müll verliert unsere Gattung auch bei der Sensationslust ihre Hemmungen. Auch wir durften Schaulustige hautnah bei der Arbeit erleben.
Die harmlosere Form trifft man an den Sehenswürdigkeiten, die in jedem Reiseführer stehen und folglich auch von der Horde angesteuert werden.
Szenario 1: Der ich habe dafür bezahlt Mensch

Ankunft an Sehenswürdigkeit. Parkplatznot. Eine enge, fast einspurige Bergstraße mit vielleicht 20 Parkplätzen. Alles parkt vogelwild und behindert sich gegenseitig. Die Betätigung der Hupe erzeugt viel Lärm mit wenig Effekt. Parkplatz gefunden, mit Kind und Hund unterwegs zur Sehenswürdigkeit. Gedränge überall. Jeder bringt sich für das beste Selfie in Position. Ein langwieriger Prozess, wenn gerade 100 Personen aus dem Bus ausgestiegen sind.
Glücklich sind diejenigen, die auf eine Lücke in den Busladungen warten können. Dennoch ein verständliches Verhalten, wenn ich für die Tour bezahlt habe und vermutlich kein zweites Mal nach Norwegen komme. Etwas weiter führt ein steiler Weg ins Gebüsch. Nach 100 m ist kein Mensch mehr zu sehen, herrlicher Ausblick und Ruhe.

Szenario 2: Der halt an! Da steht jemand! Ist sicher ganz toll dort Mensch

Meist suchen wir uns einen Stellplatz etwas Abseits von vermeintlichen Aussichtspunkten oder parken etwas weiter weg. Unsere Erfahrung in Schweden hat uns gelehrt, dass schöne Orte gerne besucht werden und es kann etwas unangenehm werden, wenn am nächsten Morgen Leute um dein Auto herum schleichen. Für unsere prima sozialverträglichen Hunde ist es besser etwas Abstand zu haben.

Aber es hilft nichts!
Anscheinend hat ein einsam stehender Campervan eine unwiderstehliche Anziehungskraft.

Wir sitzen beim Frühstück. Ein Auto hält an. Der Besitzer glotzt ins Tal und schleicht herum. Fotos werden gemacht und es wird weiter geschlichen und geglotzt. Unser Auto wird gemustert, wir werden verstohlen beäugt. Kurz darauf noch mehr Autos und noch mehr geschleiche. Unsere Hunde begrüßen jeden Besucher lautstark. Ich habe sie an der Anhängerkupplung befestigt, um etwas Distanz aufbauen zu können. Aber das funktioniert leider nicht wie gedacht. Dafür halten jetzt auch noch Autos auf der anderen Seite an. Wir fühlen uns ziemlich belagert, obwohl in 200 m der offizielle Aussichtspunkt angeschrieben ist...
Wollen die alle einen Kaffee von mir oder eine Einladung zur Hausbesichtigung?
Unsere Komfortzone wird nachhaltig bedrängt und wir beschleunigen unser Frühstück.

Wenn ich 10 Menschen dafür bezahle, dass sie eine Hauswand anstarren, dann wird bestimmt jeder zehnte stehen bleiben und die Hauswand ebenfalls anstarren. Sollte ich je ein eigenes Geschäft besitzen, dann bezahle ich ein paar billige Studenten, um Kundschaft zu simulieren...